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Internationales Segelcamp 2012
In der Zeit vom 09. bis 19. Juli fand das jährlich stattfindene "CMI-Jugendsegellager" statt. Dieses Jahr war Belgien das Ziel, Alexander Spörl, Jugendleiter der Marinejugend Hof berichtet seine Erlebnisse.

Nachdem meine Tochter Denise von der Marine-Jugend Hof bereits zwei Mal an einem CMI-Camp im Ausland teilnahm und mir hier stets begeistert berichtete, dachte ich mir, ich könnte mich doch einfach mal selbst als Jugendleiter der deutschen Abordnung bewerben. In Belgien war ich ja schließlich auch noch nie. Gesagt, getan. Nach einer kurzen Mail an unseren Bundesjugendreferenten, Jörg Jonscher, hatte ich auch schon Anfang des Jahres die Zusage in meiner Tasche.



In gespannter Erwartung vergingen die Wochen und ich war echt gespannt, wie viele Teilnehmer ich begleiten durfte. Elf Tage zu Gast bei der belgischen Marine, „all inclusive“ mit Anreise für einen lächerlichen Unkostenbeitrag von 150 Euro. Da müssten sich doch  eigentlich die Bewerbungen der 14 bis 18-jährigen bei der Bundesgeschäftsstelle stapeln. Leider konnten wir aus dem Süden keine Teilnehmer anmelden, denn wir haben noch keine Ferien und viele der Jahrgänge steckten in Klassenfahrten bzw. Abschlussklassen.

Zwischenzeitlich kamen die Meldebögen der belgischen Veranstalter per Post, schnell ausgefüllt und zurück. Schließlich auch Anfang Juni die Teilnehmerliste der deutschen Abordnung mit den Zugtickets und der Flugreservierung. Tja, was soll ich sagen? Ich war Jugendleiter für EINEN Jugendlichen! Zunächst konnte ich es nicht glauben, konnte aber daran auch leider nichts ändern. An wem liegt das? Ich denke, dass hier für diese Veranstaltung, bei der man andere maritim gesinnte Gleichaltrige treffen und kennen lernen kann, viel zu wenig Werbung getätigt wird. Aber dies nicht von der Bundesgeschäftsstelle, sondern von den verantwortlichen und uninteressierten Jugendleitern in den jeweiligen Vereinen, welche die Ausschreibung nicht an ihre Jugendlichen weitergeben.

Also, los ging es dann am 09. Juli. Die Anreise war wie immer hervorragend bereits von der Bundesgeschäftsstelle organisiert.  Mein „Schützling“ Janik Dunker aus Hamburg, übrigens der Enkel unseres Präsidenten, Karl Heid, reiste mit dem Zug zum Flughafen Berlin-Tegel, meine Wenigkeit mit dem Pkw. Vorher einen Stellplatz gebucht mit Shuttle zum Flughafen. Verlief alles reibungslos und ich kam auch pünktlich an. Mittels Handy hatten wir uns zwei Unbekannten auch gleich „geortet“. Meine Flugangst hatte ich nach dem „Check in“ mit einem 5,20 Euro teuren Bier etwas gedämpft, aber geärgert hat es mich schon, denn erst nehmen sie dir alle Flüssigkeiten ab, die man dann für das zigfache wieder kaufen kann....

Pünktlich um 11:45 Uhr hoben wir mit Brussels Airline ab in Richtung Brüssel. Der ca. eineinhalb Stunden dauernde Flug war o. k. und von meiner Flugangst nicht die Spur. Nach dem Kofferholen, rein in den Zug nach Brügge. Tja, nun hieß es das gute alte Englisch rauskramen. Na ja, es ging so einigermaßen, denn auf der Zugfahrkarte hieß es Umsteigen am Bahnhof Brüssel Midi. Nur gab es diesen nicht, denn wie sich später herausstellte, ist Midi Brüssel Süd. Muss man wissen. Was solls, sind wir halt über Gent gefahren und unmerklich 10 Minuten später angekommen als geplant. Leider war niemand von der belgischen Marine dort, der uns vom Bahnhof in Brügge abholte, was uns in ein Taxi zwang. An der kleinen Kaserne in St. Krius (Vorort von Brügge), die von der holländischen und belgischen Marine zu Ausbildungszwecken (Koch) genutzt wird, wurden wir herzlich von Ludo mit seinem Team begrüßt. Diese sind bereits über 70 Jahre, aber alle noch topfit. Hut ab, was sie sich noch zumuten, diese ganze europäische Bande zu hüten. Wie ich weiterhin feststellte, war ich mit dem österreichischen Jugendleiter Hans Müller, der ebenfalls 77 Jahre alt ist, der einzige weitere Jugendleiter. Es kamen immerhin 21 Jugendliche aus Belgien, England, Nordirland, Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien. Nachdem wir unsere doch recht angenehmen Zimmer bezogen hatten (ich bekam ein Einzelzimmer, Janik war mit einem italienischen Teilnehmer zusammen), war ich für meinen Teil doch recht erledigt und ging früh schlafen.

Am nächsten Tag stand Segeln auf dem Programm. Nach einem üppigen Frühstück, wobei ich hier anmerken muss, dass das Essen durchwegs sehr gut war, hieß es erst mal um 08:30 Uhr zur täglichen Flaggenparade vor dem Unterkunftsgebäude, zusammen mit den Soldaten, antreten. Nach der morgendlichen Ansprache durch Ludo ging es mit Lunchpaket und 10 minütiger Busfahrt an einen Kanal zu den Seascouts (Seepfadfinder) „de Buccaneers“ . In ihrem Vereinsheim wurden die Nationalitäten bunt gemischt in Segelteams eingeteilt.  Ich wurde „Captain“ eines Segelbootes und nach dem Aufriggen der doch etwas älteren Boote hatten wir doch viel Segelspaß mit viel Gelächter auf den Drei-Mann-Jollen. Kommandos auf englisch muss man ja schließlich auch erst lernen..

Am nächsten Tag ging es nach dem morgendlichen Briefing wieder raus zum Segelclub. Die Crews wurden erneut gemischt und ich war mit zwei Italienern und einer Belgierin an Bord. Ich hielt mich im Hintergrund und gab nur hier und da ein paar altkluge Tipps. Die Bootsführung übernahm unser italienischer „Guiseppe“ mit Segelerfahrung, doch das Wegerecht war ihm gänzlich unbekannt, was hier und da zu einer kleinen Ramming führte. Auch ihm konnten die maritimen Vorfahrtsregeln beigebracht werden. Gott sei Dank hatte ich im Handy eine Übersetzungsapp. Das Wetter hielt auch durch, es war  mit 20 Grad verhältnismäßig warm mit ein paar kurzen Schauern, dafür aber einen stetigen vierer Wind. Natürlich kam auch der Sport nicht zu kurz. Der kaserneneigene Fußballplatz und auch der Fitnessraum wurde von Männlein und Weiblein  kräftig genutzt und es ging eigentlich jeden Abend ein munterer, lustiger Kick zusammen.

Auch der dritte Segeltag in Folge versprach gutes Wetter mit viel Wind. Die Segeltörns wurden ab Mittag mit Segelbasketball aufgelockert. Die acht Boote wurden in zwei Mannschaften eingeteilt und auf dem Wasser zwei Körbe auf Rettungsringen verankert. Jede Mannschaft musste drei mal abspielen und durfte dann einwerfen. Man kann sich vorstellen, dass dies viel Spaß machte und so manche Wasserschlacht zur Folge hatte.

Der 13. Juli war dann der erste Sightseeingtag. Nach dem Briefing ab in den Bus nach Ypern. Die alte belgische Stadt wurde in den Schlachten des Stellungskrieges des ersten Weltkrieges zerstört, aber wieder original aufgebaut. Hier besuchten wir in der Stadthalle das „In Flandern Fields Museum“. Dieses neu modernisierte Museum konfrontiert den Besucher mit den Schrecken des ersten Weltkrieges. Immerhin fanden in den Jahren 1914 bis 1918 eine halbe Million Soldaten vieler Nationen in den Flandernschlachten den Tod. Dieses Museum ist ein absolutes Muss für alle Ypern-Besucher. Es unterhält neben Ausstellungsstücken mit zahlreichen mehrsprachigen multimedialen Einrichtungen wie Fernsehen bzw. Kino. Der Besuch hier hat mich persönlich innerlich sehr bewegt. Nach dem Mittagslunchpaket auf dem Marktplatz gingen wir noch auf eine kleine Stadtführung mit Besuch des Commonwealthdenkmals und Spaziergang auf der alten Stadtmauer. Weiter ging es dann per Bus vorbei an zahlreichen Soldatenfriedhöfen, die immer noch topgepflegt sind, nach Diksmuide. Der dortige beeindruckende 84 Meter begehbare hohe „Iserturm“ ist ein, mit seinem vorgelagerten Denkmal ein Mahnmal für alle gefallenen Soldaten jeglicher Nationen des ersten Weltkrieges. Sein Motto lautet: Nie mehr Krieg und Frieden, Freiheit, Toleranz. Das Museum ist in etwa vergleichbar mit unserem in Laboe.

Der nächste Tag versprach ebenfalls aufregend zu werden. Um 10 Uhr heiß es Abfahrt nach Oostende. Nach einem kurzen Besuch des Denkmals für den damaligen belgischen König Albert I. der hoch zu Ross die belgischen Truppen in den Abwehrschlachten gegen die deutschen Besatzer befehligte, ging es dann zum Atlantikwalldenkmal. Hier bekam jeder ein  Telefon in seiner Sprache ausgehändigt mit dem man an vorgegebenen Nummerntafeln diese in das Telefon eingeben konnte und durch eine automatische Stimme etwas interessantes an dieser Stelle erfuhr, etwa einer Führung gleich. Dieser 2 Kilometer lange Abschnitt des Atlantikwalls wurde in ein Freilichtmuseum integriert und ist im Originalzustand erhalten. Erbaut im ersten Weltkrieg, erweitert im zweiten Weltkrieg ist dieses Museum eine Attraktion mit 60 Bunkern und verschiedenen Geschützstellungen. Das Museum ist mit vielen original Relikten wie Uniformen, Waffen und Möbeln wirklichkeitstreu eingerichtet. Nach so viel Kultur ging es im Anschluss rein in die Innenstadt zum Bummeln und Shoppen. Im Jachthafen von Oostende bestand auch die Möglichkeit, das dort als Museum dienliche außerdienstgestellte Segelschulschiff „Mercantor“, die belgische Marine zu besuchen.

Am Wochenende war die Kantine in der Kaserne leider geschlossen, was aber dem kulinarischen Genuss keineswegs Abbruch tat. Eine bestellte Grillcrew verwöhnte uns an diesem Abend mit Spareribbs vom Grill. All you can eat. Lecker. Fußball fiel dann wegen Völlerei flach, was aber mit Pool, Kicker und Dart ausgeglichen wurde.

Am Sonntag herrschte Kaiserwetter. Passend um die historische mittelalterliche Stadt Brügge zu erkunden. Diese alte Hansestadt ist im Stadtkern original erhalten und Weltkulturerbe. Letzteres nicht ohne Grund, denn ich machte mich auf, diese alten Gebäude zunächst alleine zu erkunden. Und ich bin, so glaube ich, ein paar Stunden mit offenem Mund vor Staunen durch die Gegend gelaufen. Es fehlen mir die Worte diese Stadt zu beschreiben. Das muss man einfach gesehen haben. Hinter jeder Ecke ein neuer schöner Fleck. Marice vom belgischen Marinebund und Mitorganisatorin des Segelcamps, zugleich Fremdenführerin, zeigte und erklärte uns die Sehenswürdigkeiten dieser wunderschönen Stadt. Am späten Nachmittag erweiterten wir die Stadtbesichtigung noch um eine Bootsrundfahrt auf den Kanälen.

Montagfrüh ist ja bekanntlich nicht so toll, und so war leider auch das Wetter. Kalt, stürmisch und regnerisch. Und das ausgerechnet beim geplanten Strandbesuch in Oostende. Mit dem Bus raus an den feinen Sandstrand zum Vereinsheim des VVW Inside-Outside Oostende. Durch einen Instruktor des Vereins wurden unsere Jungs und Mädchen in Neoprenanzüge gesteckt und der Vormittag verging trotz des miesen Wetters recht kurzweilig mit Surfversuchen und Kajakfahren in der Brandung. Am Nachmittag wurden die verschiedensten Strandspiele durchprobiert.

Dafür versprach der Dienstag wieder etwas für die Kultur. An diesem Tag hieß es Trip nach Antwerpen. Nach einer kleinen Stadtrundführung durch Ludo ging es zum zehnstöckigen Hafenmuseum MAS von dem man einen atemberaubenden Blick auf die Skyline und Hafen von Antwerpen hat. Nach dem Mittagessen auf dem  Heimschiff „Knogge“ der Marinekameradschaft Antwerpen, ging es mit dem Bus auf eine Hafenrundfahrt und einem Zwischenstopp auf einem historischen napoleonischen Fort „Lillo“. Zu viel Kultur macht müde und so mehrten sich die Stimmen, doch einen Stadtbummel zu tätigen. So hatte jeder am Nachmittag drei Stunden zur freien Verfügung, was ich persönlich mit Ludo zum Anlass nahm, mir neben den historischen Gebäuden auch die berühmten historischen mittelalterlichen Kneipen mit den berühmten belgischen Bieren zeigen und schmecken zu lassen.

Der Mittwoch war wieder „Sailing day“, also erneut raus an den Kanal mit einem Training für den morgigen, bei den CMI-Camps üblichen „Admirals Day“. Ein Admiral kommt und nimmt die Vorbeifahrt der Boote in Kielline ab. Dieses doch für unerfahrene Segler  recht schwierige Manöver haben wir den ganzen Tag einstudiert. Auch am Donnerstagvormittag nochmals. Schließlich traf um kurz nach elf der Admiral ein und ich durfte der Flotte als Führungsboot voransegeln. Das klappte auch ganz gut und unser Orga-Team war hochzufrieden. Nach einem Stehempfang im benachbarten Yachtclub mit dem Admiral ging es um 14 Uhr zurück in die Kaserne. Jeder hatte noch bis 18 Uhr Freizeit, die wieder mit Fußball ausgefüllt wurde. Dann schick angezogen und ab zum Viergängemenue mit vorherigem Stehempfang mit den zum Teil eingetroffenen Ehrengästen.  Selten so lecker gegessen. Im Anschluss wurden von den Jungs und Mädchen noch ein paar lustige Sketche und Lieder dargebracht. So ging auch der letzte Abend, wenn auch sehr lustig, leider einmal zu Ende.

Am Freitag hieß es dann herzlich Abschied nehmen von Marice, Ludo und Crew. Janik und ich bestiegen um 10 den Zug nach Brügge und nahmen den Flug zurück nach Berlin. Spät am Abend kamen wir dann beide zu Hause wohlbehalten an.

Für mich persönlich waren die zehn Tage ein super Erlebnis. Ich lernte viele nette gleichgesinnte junge Menschen aus ganz Europa kennen, die mich in ihre Mitte nahmen und sogar zwischenzeitlich im Facbook „addeten“. Ich hatte eine Menge Spaß und mein Englisch wurde etwas aufgefrischt. Das Organisationsteam hatte die Meute stets im Griff und fand stets in ihrem Programm den Mittelweg zwischen Kultur, Sport und Spaß.

Was kann ich über Belgien sagen? Kleines flaches Land mit großem Herz. Kleine Häuser mit Klinker aus gebranntem Ziegel und liebevoll gepflegten kleinen Vorgärten. Aufgeschlossene, weltoffene, nette, zuvorkommende Einwohner, die unverkennbar Stolz auf ihr Land mit seinen wunderschönen alten, aber auch modernen Städten sind.

Ich bin einfach dankbar, dass ich dies erleben durfte. Und ich hoffe, mit diesem kleinen Bericht ein paar Jugendleiter auf- und bei ein paar deutschen Jugendlichen die Neugier geweckt zu haben.

Und, im nächsten Jahr findet das CMI-Camp übrigens in Plön/Deutschland statt. Bis dahin!


Text & Fotos: Alexander Spörl, Marine-Jugend Hof e. V.

   
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